Im Sommer 1989 bekam ich von meinem Freund Karsten eine Karte. Er berichtete, dass er in Frankreich, Belgien und in Holland mit dem Rad unterwegs war und fragte, ob ich Lust hätte, mich mit ihm in Norddeutschland zu treffen und gemeinsam durch Deutschland zu radeln.
Ein paar Tage später rief er mich an und ich fragte, ob er Lust hätte, mit mir nach Sylt zu radeln.
Er hatte. Also verabredeten wir uns in Buxtehude am Bahnhof.
Das Wetter war schön und es gab keinen Grund, so eine wunderbare Einladung für eine spannende Radtour auszuschlagen.
Also packte ich meine Sachen, nahm mein 7-Gänge Kettlerrad und fuhr mitten am Tag los.
Weil die Weser bis zur Nordsee fließt, dachte ich mir, dass es eine gute Idee sei, den Fulda-Weser-Radweg zu nutzen. Der war zwar damals noch bei Weitem nicht so schön wie heute, aber es gab ihn immerhin teilweise schon.
An der Weser
Zuerst fuhr ich den altbekannten Weg an der Fulda entlang bis nach Hann. Münden. Von dort an der Weser weiter bis zu meiner Geburtsstadt Höxter. Und von dort weiter nach Hameln.
Dort ging die Sonne unter und ich beschloss, an Ort und Stelle meine Luftmatratze aufzublasen und mich mit meinem Schlafsack drauf zu legen. Direkt neben einer Baustelle.
In der Nacht hörte ich unglaublich viele Tiergeräusche und konnte nicht einschlafen. Ich habe vielleicht 1-2 Stunden geschlafen, mehr nicht.
Sobald die ersten Sonnenstrahlen den Himmel erhellten, sprang ich auf, packte meine Sachen und radelte weiter. An Rinteln vorbei, immer möglichst nah an der Weser weiter nach Uffeln und Dehme und weiter nach Minden und Nienburg und Verden.
Wenn es möglich war, radelte ich direkt an der Weser. Manchmal ging das nicht und dann musste ich meine ADFC Radlerkarte rausholen und über die Straßen fahren, durch die Dörfer. Manchmal ging es über eine Brücke rüber und dann radelte ich südlich der Weser und nach der nächsten Brücke wieder nördlich der Weser.
Bahnhof Buxtehude
In Verden verließ ich die Weser, fuhr durch Rotenburg an der Wümme und weiter durch die beginnende Dämmerung bis nach Sittensen. Dort übernachtete ich in einer Bushaltestelle.
Wieder nur wenig Schlaf - aber ein bisschen mehr, als in der Nacht davor.
Morgens fuhr ich sofort weiter, bis nach Buxtehude und wartete am Bahnhof auf Karsten.
Ich wartete
und wartete
und wartete,
doch Karsten kam nicht.
Dann rief ich zu Hause an und fragte, ob meine Eltern etwas von Karsten gehört hatten. Meine Mutter wusste nichts. Aber Karstens Mutter teilte mir mit, dass er schon in Buxtehude angekommen sei.
Also ging ich in den Bahnhof und dort fand ich ihn.
Er hatte gemeint »Buxtehude Bahnhof« sei direkt am Gleis und ich war der Meinung »Buxtehude Bahnhof« sei vor dem Bahnhof beim Haupteingang.
Südlich der Elbe
Von Buxtehude fuhren wir weiter, südlich der Elbe, Richtung Wingst. Dort übernachteten wir auf dem Campingplatz neben der Sommerrodelbahn.
Die Bahn hatte leider schon zu, sodass wir leider nicht rodeln konnten.
In dieser Nacht schlief ich richtig lange und am nächsten Morgen ließen wir uns richtig viel Zeit, bis wir gefrühstückt und alles zusammen gepackt hatten.
Ganz gemütlich radelten wir los, Richtung Elbe.
Mit der Fähre in Wischhafen überquerten wir die Elbe und radelten von Glückstadt weiter. Mit der nächsten Fähre fuhren wir über den Nord-Ostsee-Kanal, durch Burg hindurch und weiter nach Meldorf.
In der Abenddämmerung auf der Hauptstraße hinter Meldorf direkt an der Kreuzung Schulstraße passiert es dann.
Karsten hat einen Platten.
Auf der Verkehrsinsel haben wir unser Zeug ausgepackt und da Karsten müde war, ist er einfach eingeschlafen, während ich seinen Reifen geflickt habe.
Von Meldorf nach Klanxbüll
Am nächsten Morgen wurden wir von den LKWs geweckt, die an uns vorbei donnerten.
Der Tag wurde der erste richtige Tour-Tag für mich, weil wir über 100 km fuhren und fast unser Ziel erreichten.
Von Meldorf ging es nach Heide, von Heide nach Lunden und dort über die wunderschöne Eider-Brücke nach Friedrichstadt.
Dies Mal ließen wir die kleinen Straßen links liegen und fuhren über die B 5. Deshalb kamen wir ziemlich gut voran. Mich zog es nach Sylt, ich wollte keine weiteren unnötigen Pausen mehr machen. Und zu meiner Freude zog Karsten ohne zu meckern mit.
Auch durch Husum fuhren wir einfach durch, weiter nach Bredstedt und Niebüll.
Zwischen Niebüll und Klanxbüll bauten wir Karstens Zelt auf und aßen kalte Spaghetti aus der Dose.
Zwei Mädels am Strand
Auch an diesem Morgen schliefen wir wieder lange aus, bis wir Lust hatten, aufzustehen. Allerdings hatten wir da ja auch über 100 km in den Knochen. Und unsere Fahrräder waren wirklich nicht zu vergleichen, mit den Rädern, mit denen wir heutzutage fahren können.
Dann ging es weiter an Kühen und Schafen und Feldern und Deichen vorbei bis nach Klanxbüll.
Wir mussten ein bisschen warten, bis der erste Zug kam, der uns über den Hindenburgdamm nach Morsum brachte.
Von dort radelten wir nach Archsum und nach Keitum und weiter nach Westerland. Und dann über die alte Bahntrasse an Wenningstedt, Kampen, Westerheide und Süderheide vorbei, bis zur Jugendherberge Mövenberg.
Nachdem wir am Strand die Bekanntschaft mit zwei hübschen Blondinen verbockt hatten, stiegen wir mit unseren Rädern in den Zug und fuhren zurück nach Kassel.